Acetylen findet nicht nur bei verschiedenen Industrieverfahren, sondern vor allem beim Schweißen Anwendung. Aufgrund seiner Eigenschaften sind jedoch einige wichtige Punkte im Umgang sowie bei der Lagerung und dem Transport zu beachten.
Im vorliegenden Beitrag beantworten wir häufige Fragen rund um Acetylen und Acetylenflaschen.
Inhaltsverzeichnis
Eigenschaften von Acetylen
Zunächst einige grundlegende Hinweise und Erklärungen zu Acetylen, einem aliphatischen Kohlenwasserstoff aus der Reihe der Alkine.
Was ist Acetylen?
Acetylen (C2H2), auch Ethin oder Äthin genannt, ist ein farbloses, durch Verunreinigungen meist knoblauchähnlich riechendes Gas, das in der Industrie und bei Schweißverfahren zum Einsatz kommt. Auf der Erde gibt es keine natürliche Ethin-Vorkommen, stattdessen wird es industriell gefertigt. Es löst sich nur schlecht in Wasser, dafür aber in anderen Stoffen, die beim Transport des Gases in Acetylenflaschen (dann auch Dissousgas genannt) Verwendung finden.
Ist Acetylen giftig?
In seiner Reinform ist Acetylen nicht giftig, allerdings wirkt es erstickend und betäubend. Allerdings ist die Gefahr durch Brände oder Explosionen wesentlich höher als die durch Erstickung.
Ist das Acetylen dagegen unrein (bspw. infolge des Herstellungsverfahren mit Calciumcarbid – heutzutage eher selten), enthält es zusätzlich Phosphorwasserstoff. Das ist auch in geringen Konzentrationen ein hochwirksames Gift.
Ist Acetylen schwerer als Luft?
Nein, Acetylen ist mit einer Dichte von 1,172 kg/m³ (bei 0°C) leichter als Luft. Das bringt bei der Lagerung (siehe dazu den gesonderten Abschnitt dazu) einige Vorteile mit sich, denn das Gas kann sich so nicht in Kellern oder ähnlichen Räumlichkeiten ansammeln.
Anwendung von Acetylen
Auch wenn Acetylen in verschiedenen Branchen und bei einer Vielzahl von Verfahren zum Einsatz kommt, sticht der Einsatz als Schweißgas hervor.
Gasschmelzschweißen
Wie bereits erwähnt, kommt Acetylen vor allem beim Schweißen zum Einsatz. Der große Vorteil des Gases liegt in der sehr hohen Temperatur. Beim Autogenschweißen (auch Gasschmelzschweißen genannt) kann es in Kombination mit Sauerstoff eine Temperatur von bis zu 3200°C erreichen, die höher ist als alle anderen Brenngase wie Methan, Propan oder Wasserstoff.
Bei diesem Schweißverfahren gibt es unterschiedliche Flammenvarianten (mehr Brenngas, mehr Sauerstoff, gleiche Verteilung), die Einfluss auf den Oxidationsschutz nimmt. So eignet sich Acetylen als Schweißgas für unterschiedliche Materialien wie Stahl, Kupfer oder Messing.
Brenngas beim autogenen Brennschneiden
Zusammen mit Sauerstoff findet Acetylen auch beim autogenen Brennschneiden Verwendung, das beim Bearbeiten von un- und niedriglegierten Stählen zum Einsatz kommt. Der Vorteil ist auch hier die hohe Temperatur sowie die Zündgeschwindigkeit und Leistung der Acetylenflamme.
Sie haben weitere Fragen rund um den sicheren Umgang mit verschiedenen Gas und gasführenden Teilen? Dann empfehlen wir Ihnen unser Gaslexikon. Dort beantworten wir die wichtigsten und häufigsten Fragen rund um Schutzgase, Druckminderer & Co.
Allgemeine Informationen zu Acetylenflaschen
Im Gegensatz zu anderen Druckgasbehältern gibt es bei Acetylen einige Besonderheiten, die wir hier im Folgenden kurz vorstellen.
Aceton als wichtiger Zusatz in Acetylenflaschen
Da Acetylen eine sehr geringe Mindestzündenergie aufweist und deshalb hochexplosiv ist, kann es alleine nicht in Druckbehältern transportiert werden. Bereits die Hitzeeinwirkung von außen könnte fatal sein und zur Acetylenzersetzung führen. Die Lösung dafür: Acetylenflaschen mit Lösungsmitteln.
Zunächst enthalten diese Flaschen poröse Stoffe wie Calciumsilikathydrat oder Kieselgur (früher nutzte man auch Asbest). Diese sind mit Aceton oder Dimethylformamid getränkt, die wiederum als Lösungsmittel für das Acetylen dienen. In einer 40 Liter großen Flasche befinden sich so normalerweise etwa acht Kilogramm Acetylen und ca. 13 Kilogramm Aceton.
Wie auch bei anderen Gasen auch gibt es als Konsequenz der Eigenschaften von Acetylen und dem niedrigen Druck in der Flasche einige wichtige Hinweise zu beachten, auf die wir weiter unten eingehen.
Welche Farbe haben Acetylenflaschen?
Mit der Farbkennzeichnung von Gasflaschen können Sie auf den ersten Blick einschätzen, welches Gas sich im Druckbehälter befindet und welche Gefahren davon ausgehen. Das gilt natürlich auch für Acetylenflaschen, die kastanienbraun (RAL 3009) sind.
Bedenken Sie jedoch: Die Farbe von Gasflaschen ist nicht verbindlich und stellt nur einen ersten Anhaltspunkt dar – entscheidend ist der Gefahrengutaufkleber auf der Flaschenschulter.
TÜV-Prüfung alle fünf Jahre vorgeschrieben
Wie andere Druckgasbehälter auch überprüft der TÜV im Rahmen der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) Acetylenflaschen in einem wiederkehrenden Zeitraum.
Anders als bei anderen Industriegasen wie Kohlendioxid oder Sauerstoffflaschen gibt es hier jedoch einen Unterschied: Die Prüffrist für Acetylenflaschen beträgt fünf Jahre statt der üblichen zehn.
Probleme mit der Acetylen-Entnahme aus alten Flaschen?
In den 1980ern Jahren kam mitunter eine Masse zum Einsatz, die durch die Lösungsmittel zunehmend porös wurden. Als Folge war die Entnahme von Acetylen nicht mehr möglich.
Diese Flaschen sollten eigentlich ziemlich selten geworden sein, dennoch schadet eine Überprüfung nicht.
Bei uns erfahren Sie, ob Ihre Acetylenflasche davon betroffen ist – melden Sie sich einfach per Mail (info(at)gasprofi.de), telefonisch (0228 – 7675 7675) oder kommen Sie zu unserem Standort in Bonn (Immenburgstraße 40, 53121 Bonn).
Acetylenflaschen entsorgen: nur durch Fachhändler
Die Entsorgung von Acetylenflaschen darf nur durch zertifizierte Fachhändler durchgeführt werden. Wir nehmen diese Druckgasflaschen zurück und erstellen darüber auch einen Entsorgungsnachweis.
Die konkrete umweltgerechte und sichere Entsorgung der Gasflaschen geschieht dann in Kooperation mit einem Entsorgungsfachbetrieb. Je nach Verfahrenstechnik findet hier zunächst eine Destillation statt, um das Lösungsmittel zu trocknen. Danach schneidet man die Flasche auf, drückt die Masse heraus und führt sie dann der “normalen” Verwertung zu.
Sicherheitshinweise im Umgang mit Acetylen und Acetylenflaschen
Beachten Sie beim Schweißen, Schneiden und generell beim Umgang mit Acetylen unbedingt folgende Hinweise:
- Armaturen wie Gasdruckminderer und Rückschlagventile frei von Wasser, Feuchtigkeit und Fett halten
- Acetylen ist hochentzündlich und kann auch in Abwesenheit von Luft explodieren
- Es besteht Erstickungsgefahr bei hohen Konzentrationen – die Erstickung wird nicht bemerkt
- Nicht liegend betreiben
- Von Feuer unbedingt fernhalten
- Einsatzort ausreichend belüften
- In der Umgebung nicht rauchen
- Beim Schweißen mindestens 1m (bei mehreren angeschlossenen Flaschen entsprechend größer) Abstand zu Zündquellen einhalten.
- Der knoblauchähnliche Geruch ist ein möglicher Hinweis auf Acetylenfreisetzung
Sicher schweißen mit Acetylen
Beim Schweißen mit Acetylen ergeben sich vor allem durch Gasrücktritt und Flammendurchschlag die Gefahren, dass es zum Zerfall des Gases kommt. So geschehen zum Beispiel am 29. Oktober 2014, als der Mönchengladbacher Hbf evakuiert werden musste. Was war passiert?
Beispiel für die Gefahr: Brennende Acetylenflasche am Mönchengladbacher Hbf
Im Laufe des Vormittags war eine Acetylen-Gasflasche bei Bauarbeiten am Mönchengladbacher HBF in Brand geraten. Aufgrund der drohenden Gefahr einer Acetylenflaschenexplosion wurden ca. 300 Leute aus dem Hauptbahnhof evakuiert und der komplette Zugbetrieb lahmgelegt. Zwar konnten die brennenden Gasflaschen schnell von der Feuerwehr gelöscht werden, um jedoch ein mögliches Verbrennen sowie Bersten bzw. die Explosionsgefahr zu vermindern, musste die Acetylenflasche für die Dauer von 24 Stunden gekühlt werden.
Entsprechend wurde die Flasche von der örtlichen Feuerwehr mit einem Spezialfahrzeug zur Kühlung unter Aufsicht in ein nahegelegenes Schwimmbad gebracht. Anhand dieses Szenarios lässt sich also schon gut erkennen, dass dies eine ziemlich ernste Situation gewesen ist.
Wie geraten Acetylen-Gasflaschen in Brand?
Zunächst, ein solcher Acetylenbrand kann beim Autogenschweißen immer wieder vorkommen und dementsprechend hoch sind die Auflagen zur Anwendung. Worin liegt die Gefahr begründet? Beim Autogenschweißen werden Sauerstoff und Acetylen in einem Handgriff zu einem Gasgemisch, um auf diese Weise eine höhere Temperatur der Flamme zu erzeugen.
Die Gefahr besteht nun vor allem in den sogenannten Rückschlägen, die durch das Abreißen der Flamme entstehen können: Sauerstoff kann sich aufgrund des unterschiedlichen Drucks in den Gasflaschen – Acetylen wird flüssig in die Flasche gefüllt (ca. 7 bar), Sauerstoff wird in der Flasche komprimiert (200 bar) – in den Acetylenbehälter drücken und in der Flasche ohne den regulierenden Sauerstoff brennen.
Das passiert, wenn man bei dem Gemisch aus Sauerstoff und Acetylen (Autogenes) keine Rückschlagsicherungen (alternative Bezeichnung: Gebrauchsstellenvorlagen) benutzt oder diese defekt sind. Da die Verwendung einer solchen Rückschlagsicherung seitens des Gesetzgebers zwingend vorgeschrieben ist, kann in dem Mönchengladbacher Fall wohl eher von einem Defekt ausgegangen werden.
Trotz regelmäßiger Prüfung der Gebrauchsstellvorlagen durch einen Sachkundigen besteht hier also immer die Möglichkeit der Entflammung durch einen Flammenrückschlag. Dies sind im Gegensatz zu früher inzwischen zwar eher Ausnahmefälle, völlig ausgeschlossen werden kann eine solche Entflammung – wie aktuell in Mönchengladbach passiert – allerdings nicht.
Leider ist die Industrie bislang noch nicht den Weg gegangen, die Vorlagen direkt in die Druckminderer zu integrieren. Das wäre aus Sicht vieler Handwerker – und auch aus unserer Perspektive als Sachkundige – nicht nur ein wünschenswerter, sondern auch ein Weg in die richtige Richtung.
Gemäß geltender Bestimmungen sind diese Sicherheitseinrichtungen mindestens einmal im Jahr auf die Sicherheit gegen Gasrücktritt und Dichtheit gegen die Atmosphäre zu prüfen. Die Öffnung und Instandsetzung darf nur vom Hersteller durchgeführt werden.
Acetylenflaschen richtig lagern und transportieren
Auch zur Lagerung und Transport von Acetylenflaschen gibt es einige wichtige Punkte:
- Offenes Fahrzeug nutzen bzw. geschlossene Fahrzeuge zumindest gut belüften
- Aufrecht transportieren und lagern
- Mit Gurten/Ketten gegen Umfallen sichern
- Ventil der Flasche stets schließen
- Beim Transport Schutz für Flaschenventil anbringen, Druckminderer vorher entfernen
- Behälter nicht mehr als 50°C aussetzen
- Lagerort sollte gut belüftet sein
- Von brandfördernden Stoffen fernhalten
- Kein Kontakt mit reinem Kupfer, Quecksilber, Silber und Messing mit mehr als 70% Kupferanteil, da sich hochexplosives Kupferacetylid bilden kann
Fazit
Alle Gase sind prinzipiell Gefahrengüter und mit entsprechender Vorsicht zu behandeln. Im Falle des hochentzündlichen Acetylens gilt das allerdings umso mehr. Befolgenden Sie unbedingt die Sicherheitshinweise und stellen Sie sicher, dass alle gasführenden Teile korrekt funktionieren.
Sollten Sie Fragen im Umgang mit Acetylen oder anderen Druckgasflaschen haben, stehen wir gerne bereit. Sie erreichen uns telefonisch (0228 – 7675 7675), per Mail (info(at)gasprofi.de) oder in unserem stationären Handel in Bonn (Immenburgstraße 40, 53121 Bonn).
Weiterführende Information zu Acetylen und Acetylenflaschen
- Herstellung von Acetylen mithilfe von Calciumcarbid – Anschauungsmaterial auf seilnacht.com
- Praxisleitfaden zum sicheren Umgang mit Acetylen vom Industriegaseverband e.V. (PDF-Datei)
- Die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG) informiert über das Arbeiten mit Acetylenflaschen
- Betriebssicherheitsverordnung online zum Nachlesen