Medizinische Gase: Informationen und Sicherheitshinweise

Medizinische Gase leisten zur Beatmung auf der Intensivstation wichtige Dienste. Aber auch in anderen Bereichen im Gesundheitssektor sind sie ein elementarer Bestandteil.

Grund genug, uns damit zu beschäftigen, welche Gase zu dieser Kategorie zählen und wie sie dabei helfen, Leben zu retten. Der folgende Beitrag liefert Ihnen alles Wichtige rund um dieses Thema.

Was sind medizinische Gase?

Gase werden in der Medizin für verschiedene Zwecke genutzt. Zu medizinischen Gasen zählen Sauerstoff, Lachgas, Xenon, Stickstoffmonoxid, Kohlendioxid und Helium. Allerdings existierten bis 2005 keine arzneimittelrechtlichen Vorgaben für medizinische Gase. Bis dato belieferte derselbe Tankwagen ein Krankenhaus und etwa eine Schweißerei. Bisweilen handelte es sich dabei ebenfalls um die gleichen Stahlzylinder sowie Ventile.

Seit 2005 gibt es eine klare Unterscheidung zwischen Gasen für die Industrie und welchen für den medizinischen Sektor. Sogenannte medizinische Gase werden seitdem speziell für die Nutzung im Gesundheitssektor produziert. Abhängig vom genauen Verwendungszweck gelten die medizinischen Gase als fertiges Arzneimittel, wie beispielsweise der medizinische Sauerstoff für therapeutische Zwecke, oder als Medizinprodukt, wie Kohlendioxid als Hilfsmittel für Operationen.

Aufgrund ihrer Einstufung als Arzneimittel oder Medizinprodukte müssen medizinische Gase unter sterilen Bedingungen umgefüllt werden. Zudem haben regelmäßige Qualitätskontrollen zu erfolgen und die Rückverfolgbarkeit jeder Charge muss gewährleistet sein. Für das Aufstellen medizinischer Gasanlagen gelten seit 2008 die Europanormen EN 7396, EN 9170, EN 10524 und EN 5359. Diese verlangen eine verbindliche Farbkennzeichnung bestimmter medizinischer Gase. Für weitere Informationen dazu, empfehlen wir Ihnen unseren Beitrag zur richtigen Kennzeichnung von Gasflaschen.

In der modernen Medizin sind Gase unverzichtbar. Beispiele für die Verwendung medizinischer Gase:

  • Atemunterstützung
  • Narkosemittel
  • Schmerzlinderung
  • Untersuchung von Lunge und Blutsystem
  • Betrieb und Kalibrierung medizinischer Geräte

Sauerstoff

Sauerstoff (O2) ist eines der meistgenutzten Gase im Krankenhaus und das am häufigsten verwendete Notfallmedikament im Rettungsdienst. Im medizinischen Bereich wird dieses Gas bei einer Konzentration von 30% und 100% verwendet. Sauerstoff kann dabei helfen, Herzinfarkten oder einer Pneumonie vorzubeugen und neurologische Schäden nach einem Hirninfarkt zu verringern. Weiterhin hilft die Sauerstoffabgabe dabei, im Kontext von Operationen Übelkeit und Erbrechen zu vermeiden und die Wundheilung zu verbessern.

Fabian Pohl, GasProfi - Yehdou FotografieHinweis von GASPROFI Fabian Pohl:
Die farbliche Kennzeichnung der Gasflasche zeigt Ihnen, ob es sich um medizinischen oder technischen Sauerstoff handelt: Gasflaschen mit medizinischem Sauerstoff sind komplett weiß, Flaschen mit technischem O2 weiß und grau oder blau.

Physikochemische Eigenschaften von Sauerstoff

  • Kürzel / Formel: O2
  • Aussehen: farblos
  • Geruch: geruchlos
  • Molmasse [g/mol]: 32,00
  • Schmelzpunkt [°C]: -219
  • Siedepunkt [°C]: -183
  • Kritische Temperatur [°C]: -119
  • Kritischer Druck [bar]: 50,4
  • Dichte* [kg/m³] (gasförmig, 15 °C, 1 bar): 1,34
  • Relative Dichte (Luft = 1): 1,11
  • Löslichkeit in Wasser (20 °C, 1 bar) [mg/l]: 39

Lachgas

Lachgas (N2 O) – auch Distickstoffmonoxid genannt – ist eines der erforschtesten medizinischen Gase. Lachgas kommt als Analgetikum bei kurzen, mäßig schmerzhaften Eingriffen zum Einsatz. Ein 1:1-Gemisch von Lachgas und Sauerstoff wurde Mitte 2008 in Deutschland als Fertigarzneimittel zur Behandlung kurzzeitiger Schmerzzustände zugelassen.

Sascha Busch, GasProfi - Yehdou FotografieHinweis von GASPROFI Sascha Busch:
Achtung: In geschlossenen Räumen besteht bei Lachgas nicht nur Erstickungs-, sondern auch Brandgefahr, wenn hohe Konzentrationen vorliegen. Achten Sie deshalb auf eine gute Belüftung und halten Sie mögliche Zündquellen fern.

Physikochemische Eigenschaften von Lachgas

  • Kürzel / Formel: N2 O
  • Aussehen: farblos
  • Geruch: süßlich
  • Molmasse [g/mol]: 44,01
  • Schmelzpunkt [°C]: -91
  • Siedepunkt [°C]: -88,5
  • Kritische Temperatur [°C]: 36,4
  • Kritischer Druck [bar]: 72,4
  • Dichte* [kg/m³] (gasförmig, 15 °C, 1 bar): 1,85
  • Relative Dichte (Luft = 1): 1,53
  • Löslichkeit in Wasser (20 °C, 1 bar) [mg/l]: 1200

Xenon

Seit 2005 ist Xenon (Xe) in Deutschland als Arzneimittel zugelassen. Für viele Anästhesisten ist dieses Gas das Narkosemittel der Wahl. Es besitzt sowohl hypnotische als auch analgetische Effekte. Aufgrund des niedrigen Blut-Gas-Verteilungskoeffizienten wird Xenon rasch über die Lunge ausgeschieden, was eine gute Steuerbarkeit der Narkose ermöglicht. Es wirkt sich nicht auf Herzgefäße aus. Damit ist es besonders bekömmlich und somit gut für lange Operationen und Hochrisikopatienten geeignet. Allerdings sorgt das geringe Vorkommen auf der Erde und die aufwendige Gewinnung für einen relativ hohen Preis. Dies verhindert derzeit einen breiteren Einsatz von Xenon.

Physikochemische Eigenschaften von Xenon

  • Kürzel / Formel: Xe
  • Aussehen: farblos
  • Geruch: geruchlos
  • Molmasse [g/mol]: 131,3
  • Schmelzpunkt [°C]: -112
  • Siedepunkt [°C]: -108,1
  • Kritische Temperatur [°C]: 16,5
  • Kritischer Druck [bar]: 58,4
  • Dichte* [kg/m³] (gasförmig, 15 °C, 1 bar): 5,51
  • Relative Dichte (Luft = 1): 4,56
  • Löslichkeit in Wasser (20 °C, 1 bar) [mg/l]: 644

Stickstoffmonoxid

Stickstoffmonoxid (NO) ist ein Gas, das in der Atmosphäre zwar nur in sehr geringer Konzentration enthalten ist, aber im menschlichen Körper eine wichtige Rolle spielt. NO sorgt für eine Relaxation der Gefäßmuskulatur, was zu einer Erweiterung der Gefäße und damit zu einer Absenkung des Blutdrucks führt.

Bislang ist iNO nur zur Behandlung von Neugeborenen zugelassen, die an hypoxisch-respiratorischer Insuffizienz mit Anzeichen von pulmonaler Hypertonie leiden. Die iNO-Gabe verbessert die Oxygenierung und macht eine extrakorporale Membranoxygenierung oft überflüssig, jedoch verändert sie die Mortalitätsrate nicht.

Physikochemische Eigenschaften von Stickstoffmonoxid

  • Kürzel / Formel: NO
  • Aussehen: farblos
  • Geruch: geruchslos
  • Molmasse [g/mol]: 30,01
  • Schmelzpunkt [°C]: -164
  • Siedepunkt [°C]: -152
  • Kritische Temperatur [°C]: -93
  • Kritischer Druck [bar]: 6,4
  • Dichte* [kg/m³] (gasförmig, 15 °C, 1 bar): 1,25
  • Relative Dichte (Luft = 1): 1,034
  • Löslichkeit in Wasser (20 °C, 1 bar) [mg/l]: 60

Kohlendioxid

Kohlendioxid (CO2) dient in Form von kohlensäurehaltigem Wasser schon lange therapeutischen Zwecken. Bei der äußerlichen Anwendung in Form von Gas- oder Wasserbädern, weitet es die peripheren Gefäße, fördert die Durchblutung und senkt den arteriellen Blutdruck. Darüber hinaus kann es die Wundheilung beschleunigen. In der neueren Medizin kommt Kohlendioxid bei minimalinvasiven Operationen zur Aufdehnung von Körperhöhlen sowie zur Anregung der Muskelfähigkeit von Hohlorganen zum Einsatz. In der Notfallmedizin hilft CO2 in einem Gemisch mit Sauerstoff bei Störungen der Atemwege.

Ingo Klein, GasProfi - Yehdou FotografieHinweis von GASPROFI Ingo Klein:
Wichtig bei jedweder Nutzung von Kohlendioxid: Da das Gas schwerer als Luft ist, sammelt es sich in Bodennähe. Bei einer Lagerung in Räumen ohne natürliche Be- und Entlüftung empfiehlt sich ein Gasmelder oder eine entsprechende technische Einrichtung.

Physikochemische Eigenschaften von Kohlendioxid

  • Kürzel / Formel: CO2
  • Aussehen: farblos
  • Geruch: geruchlos
  • Molmasse [g/mol]: 44,01
  • Schmelzpunkt [°C]: -56,6 (bei 5,2 bar)
  • Siedepunkt [°C]: -78,5 (Sublimation)
  • Kritische Temperatur [°C]: 31
  • Kritischer Druck [bar]: 73,8
  • Dichte* [kg/m³] (gasförmig, 15 °C, 1 bar): 1,85
  • Relative Dichte (Luft = 1): 1,53
  • Löslichkeit in Wasser (20 °C, 1 bar) [mg/l]: 2000

Helium

Bei Helium (He) handelt es sich um ein inertes Edelgas, das sich nicht im Gewebe auflöst. Es hat einen niedrigen Siedepunkt und verfügt über eine hohe Wärmeleitfähigkeit.

Im medizinischen Bereich ist die alleinige Verwendung von Helium nicht die Regel, vielmehr kommt es in Form eines Helium-Sauerstoff Gemischs (Heliox) zum Einsatz. Helium kann obstruierte Atemwege leichter passieren als andere Gase, da es über eine sehr geringe Dichte verfügt. Studien ergaben, dass He bei Asthma und COPD sowie bei Kindern mit leichter bis moderater Bronchiolitis gute therapeutische Erfolge erzielt. Bisher ist es in Deutschland für den medizinischen Bereich allerdings nicht zugelassen. In England hingegen hat es bereits Einzug in den Alltag im Gesundheitssektor gefunden.

Manuela Busch-Büchel, GasProfi - Yehdou FotografieHinweis von GASPROFI Manuela Busch-Büchel:
Helium ist weder brennbar noch für den Menschen giftig. Achten Sie beim normalen Umgang – beispielsweise im Rahmen von Heliumballons, oft eingesetzt auf Partys – dennoch darauf, dass Sie es nicht übermäßig einatmen.

Physikochemische Eigenschaften von Helium

  • Kürzel / Formel: He
  • Aussehen: farblos
  • Geruch: geruchlos
  • Molmasse [g/mol]: 4,00
  • Schmelzpunkt [°C]: -272
  • Siedepunkt [°C]: -269
  • Kritische Temperatur [°C]: -268
  • Kritischer Druck [bar]: -2,3
  • Dichte* [kg/m³] (gasförmig, 15 °C, 1 bar): 0,167
  • Relative Dichte (Luft = 1): 0,14
  • Löslichkeit in Wasser (20 °C, 1 bar) [mg/l]: 1,5

Medizinische Gase zur Beatmung

Ist die intakte Kreislauffunktion gestört, muss die natürliche Atmung unterstützt werden. Dafür gibt es vielfältige Methoden. Diese reichen vom Erhöhen der Sauerstoffkonzentration in der Atemluft über die vollständig kontrollierte Beatmung bis zur direkten Anreicherung des Bluts mit Sauerstoff über eine Herz-Lungen-Maschine. Für die Sauerstofftherapie zuhause sind Sauerstoff und Geräte über die Apotheke erhältlich. Auch zum Erhalt der Atemfunktionen im narkotisierten Zustand bei Operationen werden medizinische Gase eingesetzt.

Medizinischer Sauerstoff kommt dabei in 30- bis 100-prozentiger Konzentration zum Einsatz. Krankenhäuser sowie andere medizinische Einrichtungen erhalten diesen entweder in flüssigem Zustand abgefüllt in großen Tanks oder gasförmig in Druckgasflaschen. Zusätzlich bieten Firmen zum Aufladen von Beatmungssystemen mobile Tankstellen an.

Um nicht auf die Anlieferung von Sauerstoff-Druckgasflaschen angewiesen zu sein, wird 93 prozentiger Sauerstoff durch adsorptive Reinigung mit Zeolithen aus der Umgebungsluft hergestellt. Dieses Verfahren kommt oftmals in Militärlazaretten zum Einsatz. Auch sogenannte medizinische Luft, die eine Verbindung aus Sauerstoff und Stickstoff darstellt, wird für die künstliche Beatmung eingesetzt.

André Gensmann, GasProfi - Yehdou FotografieHinweis vom GASPROFI Andre Gensmann:
Sie haben weitere Fragen zum sicheren Umgang mit Gasen und gasführenden Teilen? Dann empfehlen wir Ihnen einen Blick in unser Gaslexikon. Dort haben wir weitere hilfreiche Beiträge rund um dieses Thema für Sie gesammelt.

Zur Historie medizinischer Gase

Bereits in der Antike zeigte sich, die bewusstseinsverändernde Wirkung von Gasen. Der Überlieferung nach saß die Priesterin des Orakels von Delphi auf einem Dreifuß über einer Erdspalte. Aus dieser stiegen Dämpfe auf, die den Trance der Priesterin bewirkten. Die Forschung ist sich allerdings nicht einig, ob es sich bei diesen Gasen um Ethylen oder um Methan sowie Kohlendioxid gehandelt habe.

Auch die Literatur griff dieses Thema schon früh auf. So vertritt die Kurzgeschichte Eine Idee des Dr. Ox von Jules Verne die Theorie, dass Tugend, Mut, Talent, Phantasie und alle anderen Fähigkeiten des Geistes nur von oxygène (frz. für Sauerstoff) abhängen.

Der Ursprung von Gasen im medizinischen Kontext liegt im Jahr 1800. Der Engländer Humphry Davy beschrieb, dass Lachgas in der Lage sei, physischen Schmerz aufzuheben und dementsprechend bei chirurgischen Operationen eingesetzt werden könne. Doch zunächst wurde Lachgas aufgrund seiner euphorisierenden Wirkung zunächst vor allem zur Belustigung des Publikums und in Varietés eingesetzt. 1844 besuchte der amerikanische Zahnarzt Horace Wells eine solche Veranstaltung. Währenddessen zog sich ein Mann im Lachgasrausch eine größere Wunde zu. Erstaunlicherweise schien er dabei keinerlei Schmerz zu empfinden. Am nächsten Morgen unternahm Wells in seiner Praxis einen Versuch, der die Annahme der schmerzlindernden Wirkung von Lachgas bestätigte.

Fazit: Gase aus der Medizin nicht mehr wegzudenken

Auch wenn man bis heute im Zusammenhang mit der Medizin nicht direkt an gasförmige Substanzen denkt, sind Gase aus der Medizin nicht mehr wegzudenken. Sie erleichtern die Atmung, befreien von Schmerz und können bei korrekter therapeutischer Benutzung die Lebensqualität von Kranken wesentlich steigern.

Unabhängig von Indikation und Methode müssen Gase, die an Patienten eingesetzt werden, als Arzneimittel oder als Medizinprodukt deklariert sein.

Übrigens: Falls Sie eine entsprechende Gasflasche entsorgen müssen, helfen wir Ihnen gerne weiter. Kontaktieren Sie uns einfach per Mail (info(at)gasprofi.de) oder Telefon (0228 – 7675 7675).

Weiterführende Informationen zu medizinischen Gasen